Wirken Anti-Haarausfall-Shampoos wirklich? Ein wissenschaftlicher Leitfaden zum Lesen von Inhaltsstofflisten

Der Markt für Haarpflegeprodukte in Deutschland ist voll von Shampoos, die gegen Haarausfall helfen sollen – man findet sie in Drogerien wie dm oder Rossmann, bei Amazon oder in Apotheken. Aber wie effektiv sind diese Produkte tatsächlich? Viele Konsumenten verlassen sich auf Werbeversprechen oder Influencer-Meinungen, ohne wirklich zu verstehen, was in der Flasche steckt. In diesem Artikel erklären wir, wie man die Inhaltsstoffe von Anti-Haarausfall-Shampoos richtig liest und welche Wirkstoffe wissenschaftlich belegt sind.

Warum die Inhaltsstoffliste wichtiger ist als das Werbeversprechen

Haarausfall ist ein komplexes Problem, das hormonelle, genetische oder entzündliche Ursachen haben kann. Ein Shampoo allein kann keine Wunder wirken – vor allem nicht, wenn es nur ein schickes Label trägt. Laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dürfen nur bestimmte Inhaltsstoffe mit nachgewiesener Wirkung in Produkten gegen Haarausfall verwendet werden.

Wer die Inhaltsstoffliste versteht, kann erkennen, ob das Shampoo wirksame Konzentrationen enthält und ob reizende Zusatzstoffe enthalten sind. Das ist der erste Schritt zu einer fundierten Entscheidung.

Auf diese Wirkstoffe sollte man achten

Wirkstoffhaltige Shampoos gegen Haarausfall enthalten in der Regel Inhaltsstoffe aus folgenden Kategorien:

  • Arzneilich zugelassene Wirkstoffe (z. B. in apothekenpflichtigen Produkten)
  • Kosmetische Inhaltsstoffe mit wissenschaftlicher Evidenz
  • Pflanzliche oder naturbasierte Extrakte mit unklarer Datenlage

Hier eine Auswahl gängiger Wirkstoffe mit belegter Wirkung:

WirkstoffHauptwirkungRegulatorische Anerkennung
SalicylsäureSchuppenlösung, entzündungshemmendBfArM, EWG
Panthenol (Vitamin B5)Beruhigt die Kopfhaut, verbessert FeuchtigkeitEU, DACH
Niacinamid (Vitamin B3)Fördert die Durchblutung der KopfhautEWG, EU-Kommission
ZinkpyrithionAntimykotisch, bei seborrhoischem EkzemEU-Zulassung

Panthenol und Niacinamid finden sich in vielen medizinisch orientierten Kosmetikserien, etwa bei Eucerin oder La Roche-Posay, und gelten als gut verträglich.

Diese Inhaltsstoffe besser meiden

Viele Shampoos enthalten Substanzen, die kurzfristig für Glanz sorgen, langfristig jedoch die Kopfhaut reizen können:

  • Silikone (z. B. Dimethicone): Können die Poren verstopfen und die Hautatmung einschränken
  • Sulfate (SLS/SLES): Aggressive Tenside mit Reizpotenzial
  • Parabene, Phenoxyethanol: Konservierungsstoffe mit allergenem Potenzial

Besonders Menschen mit sensibler Kopfhaut oder Neurodermitis sollten auf deklarierte „silikonfrei“ oder „sulfatfrei“ Produkte achten.

Wissenschaftliche Evidenz: Was wirklich wirkt

Panthenol (Vitamin B5)

Zahlreiche Studien – unter anderem publiziert im Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG) – zeigen, dass Panthenol die Hautbarriere stärkt und entzündungshemmend wirkt. Bei regelmäßiger Anwendung (z. B. 1–5 % Konzentration) wurde eine Verbesserung des Kopfhautklimas und eine reduzierte Haarbruchrate dokumentiert.

Zinkpyrithion

Zinkpyrithion ist besonders bei seborrhoischer Dermatitis oder fettiger Schuppenbildung effektiv. Die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. empfiehlt diesen Wirkstoff als Bestandteil von medizinischen Shampoos bei Haarausfall infolge von Entzündung.

Koffein

Studien der Universität Jena (2014) legen nahe, dass Koffein die Zellaktivität in Haarfollikeln steigern und die Wirkung von DHT (ein Hormon, das Haarausfall fördert) abschwächen kann. Allerdings fehlen noch Langzeitdaten, um eine generelle Empfehlung auszusprechen.

Die Konzentration macht den Unterschied

Viele Hersteller werben mit wirkstoffhaltigen Formulierungen – doch häufig ist der Anteil zu gering. Laut EU-Kosmetikverordnung müssen Inhaltsstoffe absteigend nach ihrer Menge gelistet werden. Wenn Koffein oder Panthenol ganz unten stehen, ist die Wirkung meist fraglich.

Für Panthenol gilt z. B. eine wirksame Konzentration ab 0,5 %. Einige Produkte enthalten jedoch nur 0,1 % oder weniger – zu wenig, um Wirkung zu entfalten.

EWG-Bewertungen als Orientierung nutzen

Die US-amerikanische Environmental Working Group (EWG) bietet mit ihrer Skin Deep-Datenbank eine fundierte Bewertung der Inhaltsstoffe in Kosmetika. Auch deutsche Verbraucher nutzen Apps wie CodeCheck oder ToxFox, um bedenkliche Stoffe zu vermeiden:

  • 1–2 Punkte: sehr sicher
  • 3–6 Punkte: mäßig bedenklich
  • 7–10 Punkte: hohes Risiko, z. B. bei hormonellen Störungen

Insbesondere Eltern oder Allergiker sollten solche Tools aktiv nutzen.

Funktionale Zulassungen prüfen

In der EU sind kosmetische Produkte reguliert durch die CPNP-Datenbank. Medizinische Wirkstoffe wie Minoxidil unterliegen hingegen Arzneimittelrichtlinien. Achten Sie auf folgende Angaben:

  • „Dermatologisch getestet“ oder „Wirksamkeit klinisch bestätigt“
  • EU- oder BfArM-Zulassung für Wirkstoffe
  • Freiverkäuflich in Apotheken mit registrierter Wirkstoffangabe

Fehlen solche Angaben, sollte man kritisch prüfen, ob die Produktversprechen realistisch sind.

Produktbewertungen richtig lesen

Online-Rezensionen auf Plattformen wie Amazon oder dm.de können hilfreich sein – aber nur mit kritischem Blick:

  • Beziehen sich die Bewertungen auf konkrete Inhaltsstoffe?
  • Wurde das Produkt über mehrere Wochen getestet?
  • Entspricht die Haarstruktur oder der Hauttyp des Rezensenten dem eigenen?

Langfristige Erfahrungen von Nutzern mit ähnlicher Problematik sind aussagekräftiger als allgemeine Fünf-Sterne-Bewertungen.

Fazit: Worauf es bei einem Anti-Haarausfall-Shampoo wirklich ankommt

Diese Checkliste hilft bei der Auswahl:

  1. Enthält das Produkt wissenschaftlich belegte Wirkstoffe?
  2. Sind diese in wirksamer Konzentration enthalten (hoch gelistet)?
  3. Ist es frei von Sulfaten, Silikonen und Parabenen?
  4. Gibt es EWG- oder EU-konforme Sicherheitsbewertungen?
  5. Liegen seriöse Bewertungen oder klinische Tests vor?

Haarausfall lässt sich nicht über Nacht stoppen – aber mit fundierten Entscheidungen kann man die Grundlage für gesünderes Haar schaffen. Wer Inhaltsstoffe versteht, kauft klüger. Und wer klüger kauft, hat bessere Chancen auf echte Ergebnisse.