Vegetarisch leben – aber wie genau?
Wer in Deutschland „vegetarisch“ hört, denkt meist an Menschen, die kein Fleisch essen. Doch die Realität ist deutlich komplexer: Vegetarismus gibt es in vielen Varianten, je nach individuellen Überzeugungen, gesundheitlichen Zielen oder ökologischen Motiven. Einige verzichten strikt auf alle tierischen Produkte, andere erlauben sich Ausnahmen wie Milchprodukte oder Fisch.
Gerade in Deutschland, wo die Nachfrage nach pflanzlicher Ernährung stetig wächst und Supermärkte wie REWE, Edeka oder Alnatura vegane Alternativen in Hülle und Fülle anbieten, lohnt sich ein differenzierter Blick auf die verschiedenen Formen des Vegetarismus.
Was bedeutet es wirklich, vegan zu leben?
Veganer:innen verzichten vollständig auf alle tierischen Produkte – dazu zählen nicht nur Fleisch und Fisch, sondern auch Milch, Eier, Honig und sogar Gelatine. Zudem meiden viele auch Produkte tierischen Ursprungs im Alltag, etwa Leder, Wolle oder Kosmetik mit Tierversuchen.
In Städten wie Berlin, Hamburg oder Köln gibt es mittlerweile zahlreiche vegane Restaurants, Bäckereien und Supermärkte. Apps wie „Vanilla Bean“ oder „HappyCow“ helfen dabei, vegane Angebote in der Nähe zu finden. Auch Bio-Supermärkte führen mittlerweile ein breites Sortiment an veganen Produkten – von pflanzlicher Hafermilch (ca. 1,90 € pro Liter) bis hin zu Fleischersatz aus Erbsenprotein.
Lacto-Vegetarier: Milch ja, Eier nein
Lacto-Vegetarier:innen konsumieren Milchprodukte, verzichten aber auf Fleisch, Fisch und Eier. Diese Ernährungsweise ist in hinduistisch geprägten Kulturen verbreitet und erlaubt Produkte wie Joghurt, Käse oder Butter.
In Deutschland ist diese Form des Vegetarismus leicht umsetzbar, da zahlreiche Produkte wie Käsebrötchen, Milchspeiseeis oder Quarkgerichte verfügbar sind. Auch für Vegetarier-Kinder kann diese Ernährungsform eine praktikable Option darstellen, da sie essentielle Nährstoffe wie Kalzium und Protein aus Milchprodukten enthält.
Ovo-Vegetarier: Eier erlaubt, Milch tabu
Ovo-Vegetarier:innen essen Eier, verzichten aber auf Milchprodukte sowie Fleisch und Fisch. Diese Variante ist vor allem für Menschen attraktiv, die ethische Bedenken gegenüber der Milchindustrie haben.
Typische Mahlzeiten in Deutschland könnten Frühstück mit Rührei, gebackene Eierspeisen oder Pasta mit Eiern sein – allerdings ohne Sahnesoßen oder Käse. Wichtig ist, andere Calcium-Quellen wie Brokkoli oder angereicherte Pflanzendrinks einzuplanen.
Lacto-Ovo-Vegetarier: Die bekannteste Form in Deutschland
Lacto-Ovo-Vegetarier:innen konsumieren sowohl Milchprodukte als auch Eier, verzichten jedoch auf Fleisch und Fisch. Diese Form ist in westlichen Ländern am weitesten verbreitet.
Gerichte wie Käsespätzle, Ofengemüse mit Feta oder Omelett mit Gemüse sind Beispiele für diese Ernährungsweise. Sie ist sowohl für Einsteiger:innen als auch für Langzeitvegetarier:innen beliebt, da sie die Versorgung mit Vitamin B12, Eiweiß und Kalzium erleichtert.
Pescetarier: Fisch statt Fleisch
Pescetarier:innen verzichten auf Fleisch, essen aber Fisch und Meeresfrüchte. Diese Form des „Teilzeit-Vegetarismus“ erfreut sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit, nicht zuletzt wegen der gesundheitlichen Vorteile von Omega-3-Fettsäuren.
Fischgerichte wie Lachsfilet (ca. 2,99 € pro 100 g), Matjesbrötchen oder Sushi sind feste Bestandteile der deutschen Esskultur und lassen sich gut in eine pescetarische Ernährung integrieren. Allerdings sehen viele strikte Vegetarier:innen diese Form nicht als echten Vegetarismus an.
Pollo-Vegetarier: Nur Geflügel erlaubt
Pollo-Vegetarier:innen essen Geflügel, verzichten jedoch auf rotes Fleisch und Fisch. Diese eher pragmatische Form wird häufig von Menschen gewählt, die aus gesundheitlichen Gründen ihren Fleischkonsum einschränken möchten.
In Deutschland sind Hähnchengerichte wie gegrillte Hähnchenbrust (ca. 1,80 € pro 100 g) oder Hähnchenwraps weit verbreitet. Dennoch wird diese Ernährungsform von der klassischen Vegetarier-Definition ausgeschlossen.
Flexitarier: Pflanzlich – aber nicht dogmatisch
Flexitarier:innen ernähren sich überwiegend vegetarisch, essen aber gelegentlich Fleisch oder Fisch. Diese flexible Herangehensweise ist besonders in Deutschland weit verbreitet – laut einer Forsa-Umfrage (2023) bezeichnen sich rund 55 % der Deutschen als Flexitarier:innen.
Beliebt sind Konzepte wie „Meatless Monday“ oder saisonale Fastenzeiten. Diese Form gilt als gesundheitlich vorteilhaft und gesellschaftlich gut umsetzbar – ohne sich vollständig einschränken zu müssen.
Frutarier: Die radikalste Form der Pflanzenkost
Frutarier:innen essen ausschließlich Früchte, Nüsse und Samen, die der Pflanze keinen Schaden zufügen – also nur das, was „freiwillig“ fällt. Gemüse, Wurzeln und Getreide werden konsequent vermieden.
Diese Ernährung ist äußerst restriktiv und birgt hohe Risiken für Mangelerscheinungen, insbesondere bei Proteinen, Vitamin B12 und Eisen. In Deutschland wird sie meist nur kurzzeitig oder im spirituellen Kontext praktiziert.
Rohköstler: Vegan – aber ohne Hitze
Rohköstler:innen verzichten nicht nur auf tierische Produkte, sondern auch auf gekochte Speisen über 42–48 °C. Das Ziel ist, Enzyme und Vitalstoffe zu erhalten.
In Städten wie München oder Berlin gibt es spezialisierte Rohkostrestaurants und Online-Shops mit Produkten wie Rohkostriegeln oder fermentierten Lebensmitteln. Allerdings ist diese Ernährungsform aufwendig und erfordert gezielte Nährstoffplanung.
Welcher Weg ist der richtige für dich?
Es gibt keine „beste“ vegetarische Ernährungsform – nur die, die zu deinen Werten, deinem Alltag und deiner Gesundheit passt. Ob du aus ethischen, ökologischen oder gesundheitlichen Gründen deinen Speiseplan umstellst: Die Wahl sollte bewusst erfolgen.
Viele in Deutschland starten mit einfachen Veränderungen, etwa fleischfreien Tagen oder dem Verzicht auf rotes Fleisch, und entwickeln daraus eine langfristige Ernährungsstrategie. Nachhaltigkeit und Realisierbarkeit sind dabei entscheidend.
Nährstoffversorgung nicht vergessen – Expertenrat nutzen
Unabhängig von der gewählten Form sollte auf eine ausgewogene Nährstoffzufuhr geachtet werden. Vitamin B12, Omega-3, Eisen und Zink zählen zu den häufigsten kritischen Nährstoffen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt bei veganer Ernährung gezielte Nahrungsergänzung und regelmäßige Blutuntersuchungen.
Im Handel erhältlich sind z. B. vegane B12-Supplemente (ca. 8–15 € für 3 Monate), Omega-3 aus Algenöl oder angereicherte Pflanzendrinks – praktische Helfer für eine gesunde pflanzliche Ernährung.