Value Investing, bekannt durch Warren Buffett, bedeutet, in Qualitätsunternehmen zu investieren, die unter ihrem inneren Wert notieren, und sie langfristig zu halten. Für Einsteiger schafft ein strukturiertes Set aus quantitativen und qualitativen Kennzahlen Klarheit bei der Aktienauswahl und minimiert emotionale Fehlentscheidungen. Dieses Praxis-Handbuch stellt zehn entscheidende Indikatoren vor, die Buffets Prinzipien verkörpern:
1. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Das KGV (P/E) zeigt, wie viel Anleger bereit sind, pro Euro Gewinn zu zahlen. Ein niedrigeres KGV als der Branchendurchschnitt kann auf Unterbewertung hinweisen, darf aber nicht ohne Hinterfragen übernommen werden.
Berechnung:
- Aktuellen Aktienkurs ermitteln.
- Gewinn je Aktie (EPS) der letzten zwölf Monate (TTM) abrufen.
- Aktienkurs ÷ EPS = KGV.
Ein moderates KGV kombiniert mit verlässlichem Gewinnwachstum entspricht Buffetts Balance aus Wert und Qualität.
2. Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
Das KBV (P/B) vergleicht die Marktkapitalisierung mit dem bilanziellen Eigenkapital pro Aktie. Ein KBV unter 1,0 kann auf ein Schnäppchen hindeuten, sofern die Aktivqualität stimmt.
Berechnung:
- Buchwert je Aktie aus dem Jahresabschluss entnehmen.
- Aktienkurs ÷ Buchwert = KBV.
Günstige KBV-Werte bei soliden Vermögensbasen liegen oft in Buffetts Fokus.
3. Verschuldungsgrad (Debt-to-Equity)
Der Verschuldungsgrad misst den Anteil von Fremd- zu Eigenkapital und zeigt die finanzielle Stabilität. Buffett bevorzugt Firmen mit überschaubarer Verschuldung.
Berechnung:
- Gesamtverbindlichkeiten aus der Bilanz summieren.
- Eigenkapital summieren.
- Verbindlichkeiten ÷ Eigenkapital = Verschuldungsgrad.
Ein geringer Verschuldungsgrad mindert Risiken in wirtschaftlichen Abschwüngen.
4. Eigenkapitalrendite (ROE)
Die ROE (Return on Equity) bewertet, wie effizient ein Unternehmen Gewinne mit seinem Eigenkapital erzielt. Eine dauerhaft hohe ROE signalisiert Wettbewerbsvorteile.
Berechnung:
- Jahresüberschuss ermitteln.
- Durchschnittliches Eigenkapital berechnen.
- (Jahresüberschuss ÷ durchschnittliches Eigenkapital) × 100 = ROE in %.
Konstanz über mehrere Jahre ist aussagekräftiger als Einzelspitzen.
5. Free Cashflow-Rendite
Die Free Cashflow-Rendite setzt den frei verfügbaren Cashflow nach Investitionen ins Verhältnis zur Marktkapitalisierung und offenbart echte Liquiditätspotenziale.
Berechnung:
- Operativer Cashflow – Investitionsausgaben = Free Cashflow.
- Aktienkurs × ausstehende Aktien = Marktkapitalisierung.
- Free Cashflow ÷ Marktkapitalisierung = Rendite in %.
Hohe Werte deuten auf solide Cashgenerierung gegenüber der Bewertung hin.
6. Dividendenrendite und -wachstum
Eine beständige und wachsende Dividende zeugt von stabilen Cashflows und managementseitiger Aktionärsorientierung.
Berechnung Dividendenrendite:
- Jährliche Dividende je Aktie ermitteln.
- Dividende ÷ Aktienkurs × 100 = Dividendenrendite in %.
Langfristig steigende Dividenden sichern den Einkommensstrom.
7. Gewinnwachstumsrate (CAGR)
Die CAGR des Gewinns zeigt die jährliche Durchschnittswachstumsrate über einen Zeitraum und verdeutlicht das Wachstumspotenzial.
Berechnung:
- EPS initial und EPS final über einen Mehrjahreszeitraum festlegen.
- ((EPS final ÷ EPS initial)^(1 ÷ Anzahl der Jahre) – 1) × 100 = CAGR in %.
Regelmäßiges Wachstum ist Indikator für ein robustes Geschäftsmodell.
8. Sicherheitsmarge (Margin of Safety)
Die Sicherheitsmarge ist der Puffer zwischen innerem Wert und Marktpreis. Buffett favorisiert einen Abschlag von mindestens 20–30 % auf den geschätzten Wert.
Ermittlung innerer Wert:
- Zukünftige Free Cashflows prognostizieren.
- Angemessenen Diskontsatz (z. B. WACC) wählen.
- Cashflows diskontieren und summieren.
Ein großzügiger Puffer schützt vor Bewertungsfehlern.
9. Wirtschaftlicher Burggraben (Moat)
Der „Moat“ bezeichnet dauerhafte Wettbewerbsvorteile wie Markenstärke, Netzwerkeffekte oder hohe Wechselkosten, die Margen sichern.
Bewertung:
- Schutzrechte (Patente) und Markenanalyse.
- Branchenbarrieren und Markteintrittshürden.
- Historische Margenstabilität prüfen.
10. Managementqualität und Integrität
Erfolgsentscheidend sind Führungskompetenz und ethische Kapitalallokation. Buffett checkt:
- Transparenz in Geschäftsberichten und Aktionärsbriefen.
- Historie strategischer Entscheidungen.
- Alignment von Managementvergütung und Aktionärsinteressen.
Ein fähiges, integeres Management-Team sichert langfristiges Wachstum.
Mit diesen zehn Kennzahlen legen Einsteiger das Fundament für eine disziplinierte Value-Investing-Strategie nach Buffett. Quantitative Analyse gehört stets zur qualitativen Unternehmensbewertung und langfristigen Perspektive. Geduld und Systematik zahlen sich aus.