11 wichtige Prüfpunkte vor dem Gebrauchtwagenkauf: Ihr kompletter Checklisten-Leitfaden

Ein gebrauchter Pkw kann eine sinnvolle Investition sein – vorausgesetzt, man kennt die potenziellen Risiken. Während Gebrauchtwagen in der Anschaffung oft günstiger sind, lauern in versteckten Mängeln, schlechter Wartung oder unklarer Vorbesitzer-Historie teure Reparaturfallen. In diesem Ratgeber finden Sie eine umfassende Checkliste mit allen wichtigen Prüfpunkten, die Sie in Deutschland vor dem Kauf eines Gebrauchtwagens beachten sollten – basierend auf Verbraucherinformationen, ADAC-Richtlinien und Erfahrungen aus der Werkstattpraxis.

Warum die Vorabprüfung so entscheidend ist: Was Sie nicht sehen, kann teuer werden

Nehmen wir das Beispiel von Thomas, einem Angestellten aus Köln. Er fand online ein attraktives Angebot für einen gebrauchten Kombi. Der Preis schien fair, der Verkäufer vertrauenswürdig – doch auf eine unabhängige Prüfung verzichtete Thomas. Drei Monate nach dem Kauf: Getriebeschaden, Undichtigkeiten im Motorbereich, Kostenpunkt über 3.000 Euro. Später stellte sich heraus, dass der Wagen einen nicht gemeldeten Unfallschaden hatte.

Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt und der Verbraucherzentrale beruhen über 40 % der Beschwerden im Gebrauchtwagensegment auf mangelnder Vorabkontrolle. Eine strukturierte und sachliche Prüfung vor dem Kauf ist daher keine Option, sondern Pflicht.


1. Fahrzeughistorie prüfen: DAT-Auskunft und Carfax für Importe

  • Für inländische Fahrzeuge empfiehlt sich ein Blick in die Datenbank der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) oder die Fahrzeughistorie über den Händler.
  • Bei Reimporten oder Importfahrzeugen aus den USA ist ein Carfax-Bericht hilfreich. Hier lassen sich Unfälle, Nutzung als Mietwagen, Tachomanipulationen oder Totalschäden nachvollziehen.
  • Verkäuferangaben sollten Sie immer mit offiziellen Dokumenten oder einem unabhängigen Prüfer gegenprüfen.

2. Kilometerstand prüfen: Tacho-Manipulation erkennen

  • Abgleich von Kilometerstand im Serviceheft, HU-Bericht und Bordcomputer.
  • Verschleißmerkmale wie abgegriffene Lenkräder, abgenutzte Pedale oder durchgesessene Sitze können auf höhere Laufleistungen hindeuten.
  • Einige Werkstätten bieten OBD-Diagnosen an, mit denen frühere Kilometerstände erkennbar sind.

3. Motorraum prüfen: Undichtigkeiten, Ölstand, Riemenzustand

  • Prüfen Sie den Öleinfülldeckel: Ist schwarzer Schlamm vorhanden, deutet das auf mangelnde Ölwechsel hin.
  • Kühlerflüssigkeit und Servoflüssigkeit sollten ausreichend und klar sein – Verunreinigungen deuten auf technische Mängel hin.
  • Ein neuer Zahnriemenwechsel kostet je nach Modell zwischen 500–1.200 Euro – prüfen Sie, ob dieser durchgeführt wurde.

4. Karosserie und Lackzustand: Spachtelstellen identifizieren

  • Unregelmäßige Lackstruktur, Farbunterschiede oder Dellen weisen auf Unfallschäden hin.
  • Testen Sie mit einem Lackdickenmesser oder einem Magneten, ob gespachtelt wurde.
  • Türspalte sollten gleichmäßig verlaufen, sonst könnte es sich um einen verzogenen Rahmen handeln.

5. Unterboden: Rost und Korrosionsschäden erkennen

  • Fahrzeuge aus schneereichen Regionen oder mit hohem Alter sind oft stärker verrostet.
  • Werkstätten wie DEKRA oder TÜV bieten Hebebühnenprüfungen ab 40 Euro an, bei denen Schweller, Träger und Auspuff inspiziert werden.
  • Rost an tragenden Teilen kann ein sofortiges Ausschlusskriterium sein.

6. Innenraumzustand und Gerüche: Pflegezustand des Vorbesitzers

  • Schimmelgeruch, Nikotinrückstände oder muffige Klimaanlagen deuten auf Wasserschäden oder mangelnde Reinigung hin.
  • Sitzheizung, Navi, Fensterheber und andere elektrische Helfer sollten getestet werden.
  • Achten Sie auf Wasserflecken im Dachhimmel oder hinter den Fußmatten – Indizien für frühere Lecks.

7. Reifenprofil und Zustand: Sicherheitsfaktor Nr. 1

  • Das Mindestprofil beträgt 1,6 mm – der ADAC empfiehlt jedoch einen Wechsel ab 3 mm.
  • Ungleichmäßiger Abrieb kann auf Probleme mit der Achsgeometrie hindeuten.
  • Ein neuer Reifensatz (4 Stück) kostet in Deutschland je nach Größe und Marke ca. 400–800 Euro.

8. Fahrzeugunterlagen: Brief, Scheckheft, Abmeldebescheinigung

  • Achten Sie auf Originaldokumente, gültige Hauptuntersuchung, und ob das Fahrzeug abgemeldet wurde.
  • Über das Zentrale Fahrzeugregister (ZFZR) beim KBA lassen sich Halterhistorie und Stilllegungen abfragen.
  • Kosten für Anmeldung, Nummernschilder und Kfz-Steuer belaufen sich auf ca. 5–10 % des Kaufpreises.

9. Probefahrt: Das Fahrzeug „erfühlen“

  • Lenkradspiel, Bremsverhalten, Kupplungspunkt und Federung geben Aufschluss über Zustand.
  • Ruckeln beim Schalten oder laute Geräusche können auf Getriebeprobleme hinweisen.
  • Testen Sie auch längere Strecken und verschiedene Untergründe.

10. Wasserschäden erkennen: Typische Anzeichen

  • Heben Sie die Kofferraumverkleidung oder Rücksitze an – hier verstecken sich oft Spuren von Feuchtigkeit.
  • Wenn der Sicherheitsgurt ganz herausgezogen wird und Verfärbungen aufweist, deutet dies auf Feuchtigkeit hin.
  • Elektronikprobleme wie flackernde Displays, Fehlfunktionen beim Start oder Kameraausfälle sind Warnzeichen.

11. Seriosität des Verkäufers prüfen: Keine Eile beim Abschluss

  • Prüfen Sie Bewertungen auf Mobile.de, AutoScout24 oder Google.
  • Seriöse Händler bieten Gewährleistung (mind. 12 Monate) und vollständige Dokumentation.
  • Vorsicht bei Druck zum Vertragsabschluss oder vagen Aussagen wie „Verkauf im Kundenauftrag“.

Wissen schützt vor Kosten: Der Gebrauchtwagenkauf ist kein Bauchgefühl

Der Gebrauchtwagenmarkt lebt von Informationsasymmetrie – und das meist zum Nachteil der Käufer. Mit einer strukturierten Prüfung lassen sich aber viele Risiken frühzeitig erkennen und vermeiden.

Lassen Sie sich im Zweifel von einem unabhängigen Gutachter (z. B. TÜV oder KÜS) unterstützen. Eine Gebrauchtwagenprüfung kostet meist zwischen 120–200 €, bewahrt Sie aber im Ernstfall vor deutlich höheren Folgekosten.

Ein informierter Käufer hat die bessere Verhandlungsposition – und fährt am Ende auch das bessere Auto.